~Die Würde im Weg ~

 






 Fortsetzung....

Die Würde im Weg

Der Fährtenleser steht eine ganze Zeit an der Hintertür und betrachtet den Sturm. Die Piratin lässt ihn in seinem Raum und bereitet den Tee vor. Er ist tief versunken in sich, das spürt sie. Tief ausatmend lässt sie ihr Raum ebenfalls innerlich weit werden. Die Energie ist im Raum und sie nimmt sie an, als Einladung tiefer in sich selbst zu gehen. Eine Dankbarkeit durchflutet sie für diesen Weg, trotz all den Hürden und Ungewissheiten. Es ist etwas kühl in der Küche, deshalb beschließt sie im kleinen Ofen ein Feuer zu machen. Der Fährtenleser bekommt von ihrem Treiben nichts mit. Der Sturm hat ihn innerlich in seinen eigenen Sturm geholt. Noch kann er ihn händeln, es ist nur die Frage wie lange, bis seine Schutzfunktionen übernehmen und er einfach durchgeht in der Hoffnung er legt sich von selbst. Die Piratin spürt plötzlich eine Veränderung in der Energie zwischen ihr und ihm. Sie spürt eine innere Unruhe, es fühlt sich wie ein Verbindungsverlust an. Sie atmet tief ein und aus, schließt die Augen und spürt was da ist. Was braucht ihr Raum jetzt? Sie respektiert seine inneren Wege, sie kann sie nicht für ihn gehen. Er geht ihre inneren Wege auch nicht. Sie spürt die Überlebensenergie, und gleichzeitig diese Kraft aus ihrem inneren Zuhause. Es ist mittlerweile sehr kraftvoll und beständig. Sie beobachtet ihn, er spürt auch das nicht mehr. Sie wird weiterhin abwarten und ihren inneren Zuhauseraum noch bewusster halten und gut versorgen. Es braucht Wärme, huscht ihr durch den Kopf, deshalb geht sie ins Wohnzimmer Decken holen. Der Tee ist gezogen, das Feuer brennt, sie legt die Decken auf die Bank am Küchentisch. Dann stellt sie den Tee auf den Tisch und holt ein paar Kekse aus dem Vorrat, der ihre Mutter immer füllt. Sie schmunzelt, eine tiefe Wärme durchströmt ihren Körper, als sie die Keksdose öffnet und der bekannte Geruch in ihre Nase steigt. Ein warmes Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht, das sich in ihrem ganzen Körper ausbreitet. Ihr inneres Zuhause wird bestärkt durch das äußere Zuhause. Nachdem sie ein paar Kekse auf einen Teller gelegt hat und auf den Tisch gestellt, dreht sie sich zum Fährtenleser. Er steckt wie festgefroren an der Hintertür und ist nicht mehr wirklich anwesend. Sie spürt wieder diese Resonanz dieser Überlebensenergie in ihr, doch statt darauf zu reagieren, wagt sie einen mutigen Schritt in seine Richtung und stellt sich seitlich neben ihn, so, dass er sie zumindest seitlich wahrnehmen kann. Er nimmt sie wahr und zeigt ein Lächeln, doch es ist mehr eine Gewohnheit, das er selbst dann noch auspacken kann. Er funktioniert. Sie sucht seine Hand und er nimmt es an. Seine Hand hat kaum Spannung, obwohl er aufrecht steht und es auf den ersten Blick kraftvoll und stark aussieht. Eine Gänsehaut überläuft sie, wie müssen Männer doch die Fassade wahren? Erschreckend, keinen wirklichen Raum haben, auch mal verletzlich zu sein und wenn sie den Raum erfahren, ist es so ungewohnt, dass ihr Überlebensmodus es gar nicht einordnen kann. Was ein Dilemma. Und dann kommt sie, mit ihrem Überlebensmodus und er schenkt ihr so zuverlässig diesen sicheren Raum. Sie ist ehrfürchtig berührt von seiner Bereitschaft, dass ist ihr noch gar nicht so klar gewesen, oder doch tief unten? Ein erstes Seufzen aus dem Fährtenleser zeigt der Piratin, sein Körper hat ihre Sicherheit schon begonnen anzunehmen. ‚Hey‘, dreht sie sich etwas zu ihm, um ihm trotzdem noch genug Raum zu lassen. ‚Hey‘, klingt er sichtlich müde. ‚Willst du ein Tee?‘, lächelt sie sanft. Er nickt und hält ihren Blick ganz tief mit seinem Blick. Erst will sie Richtung Tisch mit ihm, doch sie bleibt einfach stehen und schaut ihn tief an. In seinem Blick tobt ein Sturm und er hält so gut es geht die Stellung in ihm selbst. Statt Worte zu teilen, legt sie ihre freie Hand auf sein Herz und beginnt tiefer auszuatmen, er nimmt ihren Rhythmus an, seine Körperspannung beginnt sich zu wandeln, die Schutzfassade lässt locker. Er hält weiterhin mit ihr Blickkontakt und sie versteht tief, es ist hier und jetzt seine Sicherheit. Sie kann ihm Sicherheit schenken, das freut sie zutiefst und am liebsten wäre sie hüpfend durch die Küche gesprungen, doch sie bittet die Freude zu warten. Ihre tiefe Ruhe übernimmt stattdessen. Er seufzt tief, etwas in ihm übernimmt wieder. ‚Komm‘, zieht sie ihn sanft Richtung Bank, er rutscht hinter den Tisch und sie legt eine Decke über ihn. Er nimmt dankend an. Ihm war nicht bewusst wie kalt ihm irgendwie ist. ‚Hier‘, gibt sie ihm den Tee. Er nimmt wortlos. Sie erwartet gar keine Worte, sie spürt, wie er langsam wieder in seine eigene innere Verbindung kommt. Der Schmerz, den sie wahrgenommen hat, war nicht ein Schmerz zwischen ihnen beiden, sondern sie hat die Resonanz aus seinem eigenen inneren Verbindungsverlust wahrgenommen. Sie atmet tief aus, seine innere Verbindung greift stärker und ihre Resonanz ist eindeutig, sie geht noch tiefer in ihr inneres Zuhause sein Körper wird es wahrnehmen und vielleicht annehmen, so wie er es, bis eben getan hat. Was ein Geschenk für sie, das zu erfahren. Nein sie rettet nicht, sie kann gar nicht retten, sie kann äußerlich als Mensch Dasein und das tut sie gerade, intuitiv geführt aus ihrer eigenen inneren Sicherheit. Er nimmt etwas warmen Tee, dann dreht er sich halb um, schaut sie an und seufzt ganz tief. Sein Körper ist wieder in seiner eigenen inneren Verbindung. ‚Danke‘, mehr sagt er nicht, doch sein Körper drückt mehr als das aus. ‚Sehr gerne und immer wieder‘, lächelt sie liebevoll. Er will was sagen, doch sie gibt ihm zu Verstehen erstmal etwas aufzutanken, die Worte kommen, wenn es dafür Zeit hat. Er nickt dankend und schaut auf die Kekse. Nimmt welche und isst, es tut gut, wieder mit sich selbst verbunden sein. Dieser Sturm war heftig und er wollte es mit ihr nicht teilen, doch wie er merkt, funktioniert das nicht. Ihr Resonanzfeld ist mittlerweile so fein, sie nimmt es wahr, doch sie war einfach nur da. Ein Schmunzeln huscht ihm übers Gesicht, dann grinst er sie an. Was eine spontane Veränderung aus dem tiefsten Survival in seine tiefste Sicherheit. ‚Du warst in deinem inneren Zuhause‘, grinst er weiterhin verschmitzt. Sie lacht und nickt tief berührt. Ihr laufen Freudentränen über die Wangen. ‚JA!‘, lacht sie weinend vor Glück, es ihm endlich so tief schenken zu können. Dasein auf die schönste menschliche Art und Weise, ohne zu überwältigen. ‚Danke‘, wiederholt er, beugt sich zu ihr rüber und küsst sie auf die Stirn. Sie nickt und lässt dieses innere Geschehen in ihr einfach wortlos da sein, sie hat keine Worte im Moment. ‚Schhhh‘, zeigt er ihr an einfach damit zu sein. Sie nickt erneut und rückt ein Stück näher. Er nimmt sie in den Arm und sie lehnen sich zusammen an die Wand. Seine Decke zieht er über sie beide und es wird wohlig warm. Ein tiefer Moment von Geborgenheit entsteht, so einen hatten sie bisher noch nicht. Der Sturm tobt weiterhin, doch sein eigener Sturm, in ihm, hat sich gelegt, er hat sich von selbst gelegt, doch die Anwesenheit der Piratin war sein Ausgang. Sein Körper hat beschlossen andere Wege zu gehen und diesen Sturm anzuerkennen, doch ihm die Wucht zu nehmen, indem er den Weg zurück in sein eigenes inneres Zuhause gewählt hat. Die Präsenz der Piratin hat ihn daran erinnert, eingeladen und sein Körper hat angenommen. Was ein Erlebnis, das wird sehr viel verändern, er kann es sehr kraftvoll spüren. Sie sind nun fähig sich gegenseitig ihn ihrem Weg zu begleiten, ohne, dass einer den andere retten will oder seine innere Wahrnehmung zu nehmen oder zu verändern versucht. Sie vertrauen sich gegenseitig fähig zu sein, ihre inneren Stürme anzunehmen und neue Wege damit zu finden. Das ist wirkliches Menschsein. Wenn die Zeit reif ist, wird er das mit ihr teilen, doch jetzt erstmal nur sein. Es war für sie beide fordernd. Sie kuschelt sich an ihn und er hält sie liebevoll getragen aus seinem ganzen Menschsein getragen mit und aus Würde.

 

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